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Diffus?
Liebe Klavierfreundinnen und -freunde,
wenn Sie sich endlich Ihren Traum vom eigenen Flügel erfüllt haben (natürlich gehen wir einmal davon aus, dass eigentlich jeder Klavierspieler irgendwann einen Flügel besitzen will), dann kommen immer gleich auch viele neue Fragen auf: Wo genau soll der Flügel hingestellt werden? Kann man ihn aufgrund der deutlicheren Lautstärkeentwicklung auch offen spielen? Muss der Raum, in dem er steht, vielleicht nach außen gedämpft, also schallisoliert werden? Und wenn all diese Fragen erst einmal beantwortet sind, dann stellt man plötzlich fest, dass der Flügel irgendwie überakustisch ist, zu laut, zu schrill. Sofort schließt man erst einmal den Deckel. Danach versucht man es mit einem hochflorigen Teppich unter dem Instrument, schließlich packt man noch einen Überwurf auf das geschlossene Instrument. Dann geht es eigentlich ganz gut …
Aber das ist es doch nicht, was Sie wollen, oder? Sie wollen doch einen Flügel spielen, also ein Instrument, das auch seinen Klang voll entfalten kann und darf? Was passiert da eigentlich? Nun, oftmals kaufen sich Enthusiasten genau das Instrument, das sie immer schon haben und spielen wollten. Oftmals sind diese Traum-Instrumente aber letztendlich doch zu groß für die zur Verfügung stehenden Räume. Und dann will man dem Instrument auch noch seinen eigentlichen „Raum“ geben. Das bedeutet, dass viele den Raum fast schon klinisch ausräumen, bevor der Flügel in ihn gestellt wird. Das Ergebnis sind extreme Frequenzüberschneidungen im Raum, die den Flügel überakustisch klingen lassen. Da hilft es nur wenig, den Flügel zu schließen oder abzudecken, denn die Überschneidungen gerade bei geraden Wänden im Raum bleiben bestehen.
Was hilft? Nun, sogenannte Diffuser, die man auch in Tonstudios einsetzt, um den Raum nicht nur ein wenig akustisch abzudämpfen, sondern die stehenden und sich überschneidenden Frequenzen im Raum zu brechen. Da gibt es dann unterschiedlichste Systeme, die leicht anzubringen sind, an allen Wänden und selbst der Decke. Meist handelt es sich um sogenannte Diffuser-Panels, was bedeutet, dass es nur kleine Einheiten sind, die man zusammenfügen kann. Doch bevor man sie im Raum an den Wänden fixiert, sind diese oftmals um die 60 x 60 cm großen Einheiten leicht im Raum zu bewegen, um das beste akustische Ergebnis herauszufinden, also zu eruieren, in welcher Position im Raum sie den größten Effekt ausmachen. Es gibt optisch ansprechende mit Holzvertäfelung, es gibt einfache, die aus speziellem Styropor gearbeitet sind, und sich leicht montieren lassen … je nach Geldbeutel und optischem Anspruch. Der Effekt im Raum stellt sich schnell ein, und wenn man viel Glück hat, dann kann man seinen Flügel auch offen spielen, ohne das Gefühl zu bekommen, dass er zu laut oder zu schreiend klingt.
Es lohnt sich jedenfalls den Raum akustische „diffus“ zu gestalten, da man dann auch mehr Spaß am Spiel auf dem endlich erworbenen Flügel hat.
Carsten Dürer
Chefredakteur PIANONews